Sie bleiben, wie sie sind – und verändern sich doch

Wenn gelbe Figuren mit stachligen Haaren und vier Fingern an jeder Hand auf der großen Leinwand im Atrium auftauchen, dann sind zwei Dinge klar: es ist Simpsons-Zeit und es ist Vortragszeit. Und das wiederum bedeutet, dass Dr. Markus Hünemörder von der LMU München zu Besuch am WGG Selb ist, um über die neuesten Entwicklungen in der Serie und in den USA allgemein zu referieren.

Nach Corona-bedingter Pause konnten ihn die Fachschaften Englisch und Sozialkunde wieder für einen Besuch in Selb gewinnen; am 14. März stellte er sich den Schülerinnen und Schülern der 10. Klassen und der Q11 mit einem der zahllosen Trailer aus den inzwischen über 700 Folgen der Serie vor und verwies mit Augenzwinkern auf die nicht von der Hand zu weisende Ähnlichkeit zwischen ihm und Homer Simpson, dem Familienoberhaupt.

Dr. Hünemörder gab zunächst einen Einblick in die Entstehung und Entwicklung der Serie während der 1980er, anschließend zeigte er im Detail, was mit dem Vortragstitel „Life, Liberty and the Pursuit of the Perfect Donut“ gemeint ist. Die Simpsons sind seit mehr als 30 Jahren natürlich Cartoon und Comedy, aber sie sind auch stilprägend und sozialkritisch. Zunächst ging er auf charakteristische Elemente der Serie wie den Eingangsgag mit der Couch oder die Gastauftritte von Stars ein, danach sprach er über den satirischen Ansatz der Simpsons. Ihr Heimatort Springfield steht ebenso wie jeder einzelne Charakter nicht für einen bestimmten Ort oder eine konkrete Person in den USA, sondern für die amerikanische Gesellschaft insgesamt. Ernste Themen werden satirisch überhöht und so für das Publikum zugänglich gemacht, Autoritäten werden demaskiert.

Für Dr. Hünemörder steht fest, dass die Serie selbst nichts verändern kann, aber die Botschaften, die von ihr ausgehen, kommen an und verändern Denkweisen und Haltungen. Bausteine ihres Erfolgs sind außerdem die Bezüge zu anderen Elementen im kulturellen Bereich und die Qualität, sich über das eigene Medium, das Fernsehen, lustig zu machen. Im Gegensatz zu anderen Serien wie „South Park“ oder „American Dad“ sprengen die Simpsons dabei nicht die geltenden Medienregeln, aber sie loten zumindest ihre Grenzen aus.

Der Bezug zur aktuellen Politik war schon immer ein zentraler Baustein der Episoden, deutlich Stellung bezogen die Simpsons gegenüber Donald Trump – dabei spielten sie bereits im Jahr 2000 mit der Vorstellung, welche Folgen eine Präsidentschaft Trumps für die USA haben könnte! In den Wahlkämpfen 2016 und 2020 zeigten die Macher der Simpsons klar, dass sie Trump kritisch gegenüberstehen. Doch auch sie selbst sind nicht frei von Kritik: als eine Debatte darüber aufkam, wie die Figur des „Apu“, eines Einwohners von Springfield mit Wurzeln in Indien, korrekt und weniger stereotyp darzustellen und vor allem zu sprechen sei, blieben sie eher vage in ihren Aussagen und Änderungen.

Insgesamt, so Dr. Hünemörder weiter, sind die Simpsons in den letzten Jahren, besonders nach dem Kauf des Haussenders Fox durch Disney, weniger politisch und parodieren eher die moderne Popkultur. Inwieweit das die Zukunft der Serie beeinflussen wird, bleibt offen und abzuwarten, sicher ist für den Experten, dass die Simpsons ein neues Genre für das Fernsehen kreiert haben und fester Bestandteil der US-amerikanischen Kultur geworden sind, besonders dank ihrer Fähigkeit, die Zukunft in der Gegenwart abzubilden: was heute absurd oder undenkbar erscheint, ist morgen schon normal und Mainstream.

Mit großem Applaus bedankten sich die Zuhörerinnen und Zuhörer im Atrium des WGG bei Dr. Hünemörder und nutzten im Anschluss die Gelegenheit, ihm Fragen rund um die Simpsons und die US-Politik zu stellen. Der nächste Besuch der Simpsons in Selb ist ganz sicher schon in Planung!

Den Vortrag von Dr. Hünemörder können Interessierte auf der Website www.usaupdate.de herunterladen; das Passwort lautet: gospringfield

OStR Jens König